Neue Bibliothek in Brixen

Internationaler Wettbewerb, 3. Preis

       
Städtebauliche Figur
Mit dem neuen Bibliotheksbau wird ein zeitgenössischer Akzent und Abschluss des Dombezirks gesucht, der sich sehr selbstverständlich im fein ausgewogenen Verhältnis an den Bestand anschliesst. Höhe und Dachform wurden so abgestimmt, dass sie die Kriterien der Denkmalpflege berücksichtigen und durch die Fortsetzung der Giebellinie des Gerichtsgebäudes einen Anschluss an dessen oberstes Geschoss findet, so dass kein zusätzlicher Aufbau für die Fluchttreppe benötigt wird. Die Gebäudefluchten orientieren sich an den bestehenden  Bauten, mehr noch, es wurde die Orthogonalität mit dem Finanzgebäude gesucht, da durch dieses maximale Abdrehen nach Süden die Gartenfassade am besten besonnt wird.
Die Dachfigur mit den drei Giebeldächern ist auf die Bautradition der Stadt und an die Massstäblichkeit der Nachbargebäude abgestimmt. Das Moderne, das Zeitgemässe findet sich also nicht im Schwarzplanmuster der Stadt wieder, sondern dann auf der nächsten Ebene, in der architektonischen Ausgestaltung, in der Fassade, im Material, in den Details.

Eingang und Baukörper
Aus der angebotenen  Fläche  im Altbau für die Unterbringung der Bibliothek  wurde  hier bewusst ein grosser Teil nicht für die neue Bibliothek genutzt. Warum? Der Gedanke dahinter ist zum einen, dass die neue Bibliothek möglicht in einem kompakten Baukörper (inklusive Bestand) lesbar ist und damit keine grossen  Wege innerhalb  des Gebäudes erzeugt. Alle drei Flügel  des Gebäudes  haben etwa das gleiche Volumen und damit die gleiche Gewichtigkeit. Durch den Absatz in der Fassade des Gerichtsgebäudes wird so auch vom Domplatz aus die Begrenzung der Bibliothek am Gebäudekörper ablesbar. Die nicht genutzte Fläche kann dementsprechend als eigenständige Nutzungseinheit vermarktet werden.
Damit ist auch eine klare Aussage gemacht, wo die neue Bibliothek ihren Hauptzugang hat: Nämlich über das ehemalige Finanzgebäude. Der andere Zugang bleibt somit in erster Linie der Eingang des Gerichtsgebäudes, so dass es auch bei eventuellen schärferen Zugangskontrollen zum Gerichtsgebäude keine Überschneidungen mit der Bibliotheksnutzung geben wird.

Zwei-Drei-Vier-Eins
Ein typisches Phänomen  gewachsener alter Strukturen, bei denen sich Räume, Bauteile,  Fassaden oft in einem flimmernden Wechselspiel befinden -  was gehört zu wem? - wurde bei dem neuen Bibliotheksgebäude zum Thema gemacht. Auf der ersten Betrachtungsebene wurden zwei Baukörper an den  Bestand  gefügt. Der eine im Kreuzungspunkt zwischen Finanz- und Gerichtsgebäude, der andere  in seiner Fortsetzung  nach Süden. Auf  der  nächsten  Ebene wurden  über die zwei  Körper drei Dächer gesetzt, die nun auf dem zweiten Blick drei Häuser bilden. In der dritten Ebene wird der Grundriss durch die Bogenreihen  in vier Teile geteilt.  Und schlussendlich bilden diese vier Räume durch die grossen Bogenöffnungen erlebbar einen Gesamtraum. Dieses Verschachtelungsspiel, dass das Bauwerk immer wieder anders lesbar macht, ist die zum Konzept gewordene Interpretation der oft uneindeutigen Zugehörigkeit alter Stadt- und Architekturstrukturen.

Materialisierung
Das Gebäude ist aus Dämmbeton konstruiert, die dicken massiven  Aussenwände entsprechen dem Geist der alten Bebauung in der Stadt. Die äussere Oberfläche ist in Abstimmung mit einem Pigmentzuschlag oder mit einer nachträglichen Behandlung (z.B. Lasur)  veredelt. Die innere Oberfläche wird hell sein, dabei aber sein Betonmaserung nicht verleugnen (auch hier evtl. eine weisse Lasur. Die Böden sollen aus Terrazzo sein, Friese in den Achsen der Bögen gliedern den Boden in Flächen unterschiedlicher Helligkeit bei gleichem Material. Die Fenster sind innen angeschlagen um dem Gebäude von Aussen seinen gesuchten massiven Charakter zu geben. Die Fensterflügel können zum Reinigen über ihre vertikale Achse gedreht werden. Der Sonneschutz wird in der Aussenmauer integriert.

Architektur Medine Altiok, Georg Precht, Udo Thönnissen
Auftragsart Internationaler Wettbewerb

Auszeichnung 3. Preis
Bauherr Stadt Brixen, Italien
Zeitraum 2010
Grösse 3’000 m2
Baukosten -